Ich nehme euch mit

Ich schreibe oft über das Wetter und den Wind; das hat seinen guten Grund. Angenehme Temperaturen und ein kleiner Rückenwind sind wichtig für die gute Laune. Wir hatten heute wieder mal beides und trotzdem bekamen wir zwei Angebote von Kanadiern, uns bis Sault Ste Marie mitzunehmen. Der erste Herr fragte uns nach unserem nächsten Ziel, wir sagten: “Sault Ste Marie am Samstag”. Darauf antwortete er: “Da könnt ihr schon heute sein, ich habe einen Trailer und kann euch mitnehmen”. Was soll man bloss darauf antworten!

Im Motel in Thessalon hatten wir ein längeres Gespräch mit einem Versicherungsexperten. Auch er bot uns an, morgen mit ihm zu fahren.

Was ist denn so schlimm daran, mit dem Fahrrad durch die Gegend zu fahren? Erstaunlicherweise beklagten sich beide über die hohen Benzinpreise. Dabei haben wir ja die Lösung gefunden.

Ich muss aber auch zugeben, dass die 12 Km lange Baustelle meinen Enthusiasmus während einer halben Stunde arg strapaziert hat.

Zur Quizfrage des Tages: “Wie komme ich ins Internet?”. Antwort: “In der Nähe eines Motels parkieren, den Laptop auspacken und hoffen dass, das Wireless offen ist (ist es meistens)”.

Die Strasse wird neu gemacht, 12 Km Baustelle Aufgeraute Strasse RedTop Motel mit offenem Wireless in IronBridges

Massey, erster Stop an der Highway 17

Von Little Current fuhren wir über La Cloche Island aufs Festland bis nach Espanola. Nach La Cloche durchquerten wir das Land der Whitefish River First Nation, einem Indianerstamm. Dies erinnert uns daran, dass sich heute die Kanadische Regierung offiziell dafür entschuldigen wird, dass vor 80 Jahren die Kinder von Indianern in katholische Schulen zwangseingeschult wurden. Die Überlebenden der sogenannten “Indian Residential Schools” haben diese Entschuldigung angenommen. Das erinnert uns doch stark an die Kinder der Landstrasse.

Espanola ist nicht sehr gross. Die Papierfabrik Domtar, die man von der Hauptstrasse aus sehen kann, hat die Geschichte der Stadt massgeblich beinflusst (positiv und negativ).

Kurz nach Espanola traffen wir auf den Highway 17, unsere Route bis Sault Ste Marie. Das Fahren auf dem Highway ist für Fahrräder gestattet und trotz der vielen gossen Trucks nicht so schlimm wie wir es befürchteten. Unser heutiges Tagesziel war Massey, wieder ein kleines verschlafenes Dorf mit 1000 Einwohnern und 2 Restaurants (“one serves greasy food, the other is fine dining” so der Motelbesitzer).

Gruppe von Fahrradfahrer auf der Brücke von Little Current Kirche bei Birch Island, die Katholiken konnten es auch hier nicht lassen

Little Current – im Land der Pickups

In Little Current fährt man einen Truck oder man ist Rentner, Alternativen gibt es nicht.

Im Süden von Ontario wütet schlimmstes Unwetter, wir bleiben hier etwas verschont, aber es ist trotzdem kein Wetter fürs Fahrradfahren. Wir sind voller Hoffnung früh aufgestanden, bei der Ansicht von Lake Little Current auf dem Parkplatz des Motels war die Lage aber klar, wieder ins Bett.

Wäsche waschen, Emails schreiben, Kreditkartenauszüge kontrollieren, im Anchor Grill etwas essen gehen und schon ist dieser Tag wieder vergangen. Am Nachmittag versuche ich mich noch als Mechaniker, Bremsen kontrollieren, Gänge richten, Reifen prüfen. Bis jetzt ist noch nichts kaputt gegangen.

Lake Little Current

Nach Manitoulin, der grössten Süsswasserinsel der Welt

Es gibt mehrere Wege in den Westen. Über den Highway 17 von Ottawa über Sudbury nach Sault Ste Marie, oder über Toronto nach Sudbury via den Highway 400/69. Diese Strassen sind aber sehr stark befahren. Wir entschieden uns, mit der Che-Cheemaun Fähre von Tobermory nach South Baymouth auf die Manitoulin Insel zu fahren. Die Manitoulin Insel ist die grösste Süsswasserinsel der Welt (etwa so gross wie der Kanton Tessin). Denn auch wenn die Marajo Insel im Amazonas Delta noch grösser ist, grenzt sie doch im Nordosten an den Atlantik.

Von South Baymouth nach Little Current, also quer über die Insel, sind es knapp 70 Km. In Manitowaning machten wir eine längere Pause, bevor die dunklen Wolken am Himmel uns ans Weitergehen mahnten. Wir waren eigentlich recht froh darüber, denn in Manitowaning ist nicht viel los an einem Sonntag (und wahrscheinlich auch an jedem anderen Wochentag).

In Little Current sind wir circa 2.5 Minuten vor dem Regen angekommen. Wenn das kein perfektes Timing ist!

MS Chi-Cheemaun Leuchtturm von Tobermory Auf hoher See