In die Rocky Mountains

Von Fort MacLeod aus, Start der Tagesetape, sieht man erst ein paar Hügel, aber noch keine Berge. Wir sind schon seit Tagen auf den Augenblick gespannt, wo man die Rockies sehen wird. Wir konnten aber nicht zu früh starten, weil die Tour de France Etape nach Alpe d’Huez viel zu spannend war, als dass wir die Liveübertragung hätten verpassen können. Der Sieg von Carlos Sastre im Alleingang auf den letzten Kilometern hat uns Kraft für den ganzen Tag verliehen.

Die Wetterprognose war nicht sehr gut, aber mittlerweile trauen wir den Fröschen gar nichts mehr zu. Als wir gerade Pause am Strassenrand machten, sprach uns ein Blackfoot Indianer von seinen Pickup aus an. Er erzählte uns, dass er vor zwei Monaten in London gewesen sei, aber er fand die Stadt nicht besonders gut. Er fand es aber lustig, dass fast niemand herausfand woher er kam. Viele meinten er sei ein Kiwi (Neuseeländer) oder ein Mexikaner, nur eine Frau hätte herausgefunden, dass er aus Kanada kam. Wir fragten ihn ob es an diesem Tag noch regnen würde: nein, es regnete in der Nacht, heute wird es nicht mehr regnen. Und es war auch tatsächlich so! Glück oder nicht, wer will das schon wissen.

Um Pincher Creek sieht man sehr viele Windkraftanlagen, die die Kraft des Chinook Windes (die Berge hinunter kommend) ausnützen. Wir hatten aber viel Glück, weil ausnahmsweise der Wind schön von Südosten kam und uns ins Crowsnest Tal hinauftrug. Wir beschlossen im kleinen Dorf Coleman zu bleiben, und bei einem riesigen Wiener Schnitzel und einem Glas Shiraz die Provinz Alberta zu feiern.

Von Brocket, AB, sieht man noch keine Berge Endlich Berge! Stop Inn Motel in Coleman, AB

Mein Kilometerzähler

Beim Kilometerstand 13.97 nach Lethbridge fing die Teststrecke für Kilometerzähler an. Nach 5 km zeigte mein Zähler 19.10 an, also 5130 m anstatt 5000 m. Der Radumfang meines Bikes ist 1954 mm gemäss ETRTO (35-622, d.h. 622mm * 3.1415), aber der Reifen kommt ja noch dazu. In der Dokumentation meines Zählers ist der Radumfang inklusive Reifen für 35-622 mit 2205 mm angegeben. Das habe ich auch eingestellt, aber damit schiesse ich nach 5 km zirka 130 m übers Ziel. Mein Zähler ist 2.6% optimistischer als er sollte. Also stelle ich jetzt meinen Radumfang auf 2149 um, das entspricht einem 28-622 Reifen laut Dokumentation von Sigma.

Der montierte Reifen ist ein Marathon Racer von Schwalbe, den ich mit 90 PSI aufpumpe. Ich empfehle jedem Tourenfahrer seine Reifen bis knapp unter das Maximum aufzupumpen, das verringert die Wahrscheinlichkeit eines Platten durch “einklemmen” und erhöht die Lauffreudigkeit enorm.

Es gibt sicher Leute, die das obige wenig interessiert. Also hier noch etwas mehr. Wir übernachten im Motel Red Coat Inn in Fort MacLeod, wo das gesamte Team vom Film “Brokeback Mountain” während den Dreharbeiten in der Umgebung untergebracht wurde.

Ende der Teststrecke

In Lethbridge, Alberta

Mit grosser Begeisterung warten wir auf den Augenblick, wo wir die Rockies zum ersten Mal sehen werden. Von Lethbridge aus sollte es möglich sein, die Berge in der Ferne zu sehen. Als wir in Lethbridge ankamen, konnten wir jedoch nichts sehen, ausser ein grosser Canyon über den eine Zugbrücke führt.

Die Nähe der Rockies und die Ferienzeit erschweren die Suche nach freien Zimmern in Motels. Es soll zwar weniger Touristen geben als noch vor 10 Jahren, aber viele Veranstaltungen werden halt in der warmen Sommerzeit organisiert.

In Lethbridge bereiten wir uns psychologisch auf die Strapazen der Rocky Mountains vor. Wir sind jetzt froh, dass wir die Tour von Osten nach Westen durchführen. Wir profitieren so von einem intensiv Training über 5’350 km.

Handschuhe findet man überall auf den Pannenstreifen, selten aber ein Paar Lethbridge, aber noch ohne Berge Die Zugbrücke über Oldman River Valley

Mennoniten aus La Crête, AB

Wir fuhren heute von Medicine Hat nach Taber. Die Fahrt war nicht leicht, wir hatten wieder mal starken Gegenwind.

Im Süden von Alberta hat es mehrere Kolonien von Hutterer. Sie leben gemeinsam auf Farmen, und kaufen bei Wal-Mart ein. Diese Täufer erkennt man sofort an ihren Kleidern.

Warum erzähle ich das? Weil ich diese Leute gerne angesprochen hätte, aber nicht wusste wie.

Wie durch Zufall kamen wir vor dem Motelzimmer ins Gespräch mit einem Paar, das gerade angekommen war. Sie erzählten uns, sie seien Farmer und Mennoniten aus La Crête, AB. Mennoniten sind auch eine reformierte christliche Konfession in der Tradition der Täufer, genau wie die Hutterer.

La Crête ist der nördlichste Ort in Kanada wo noch Weizen angepflanzt wird. Die Heimfahrt (1’300 km) möchten sie am nächsten Tag in 12 Stunden schaffen. La Crête befindet sich im Mackenzie County, einer Region fast zweimal so gross wie die Schweiz, die aber nur 10’000 Einwohner hat. Zum Vergleich: wo sich in der Schweiz 181 Einwohner einen Quadratkilometer teilen, hat jeder Einwohner von Mackenzie County 10 Quadratkilometer für sich alleine (die er vielleicht mit 180 Bären teilen muss).

Als Link, die Weizenfelder von La Crête.